Technologiemanagerin Anette Bronder erklärt, wie gelebte Agilität im Unternehmen aussehen sollte

Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist Anette Bronder als Spezialistin für digitale Transformation tätig.Die meisten ihrer Erfahrungen hat sie in der europäischen Telekommunikations- und Technologiebranche gesammelt.
Als Verfechterin ganzheitlicher digitaler Lösungen hat sie sich in den letzten Jahren intensiv operativ als auch strategisch mit der erfolgreichen Umsetzung befasst. Der Artikel versucht wesentliche Aspekte in Bezug auf Digitalisierung und Agilität in Unternehmen vorzustellen.
Digitalisierung und Agilität
Anette Bronder beschreibt die konsequente Digitalisierung von Kernprozessen, als eine große Herausforderung, die aber auch alternativlos ist. Vor allem in „traditionellen“ Unternehmen ist das eine der Hausaufgaben, die erfolgreich bewältigt werden muss. Bessere Reaktionszeiten, mehr Flexibilität, Datensteuerung und vor allem eine Verbesserung des Kundenerlebnisses bilden die Basis für Erfolg in der digitalen Welt.
Doch neben Prozessen und neuen Technologien, geht es vor allem darum anders und moderner zu arbeiten, um die organisatorische Ausrichtung und Flexibilität zu haben auf Trends zu reagieren und Strategien in Unternehmen erfolgreich umzusetzen.
Eine konsequente, langfristig angelegte Einführung von agilem Arbeiten kann Unternehmen jeder Größe helfen eine entscheidende wettbewerbsfähige Rolle in der digitalen Welt zu spielen.
Veränderungsbereitschaft
Meistens beginnt der Weg ins agile Arbeiten schon damit, das die Bereitschaft zur Veränderung nicht ausreichend vorhanden bzw der Nutzen und die Notwendigkeit nicht gesehen wird. Interessanterweise zeigt sich dieses Phänomen oft auf den obersten Führungsetagen am ausgeprägtesten. Veränderung, Digitalisierung – ja klar, aber nicht jetzt oder basierend auf leichtem Finetuning, das nicht „schmerzt“. Daher hat eine erfolgreiche, konsequente Digitalisierung auch immer eine Auswirkung auf bestehende Unternehmenskulturen – zumindest tangiert sie diese.
Wie umgehen mit der fehlenden Akzeptanz
Agiles Arbeiten braucht
eine getragene Akzeptanz über die ganze Organisation hinweg. Vor allem viele IT
Organisationen brauchen nun neue Arbeitsgrundlagen und Fähigkeiten um auf die
unternehmensinternen und externen Anforderungen reagieren zu können und eine
klar definierte Leadership Rolle einnehmen zu können, wenn es um den
effizienten Einsatz von neuen Technologien, das managen von Innovations
Prozessen und notwendige Effizienzen bei den Infrastrukturen geht,
„Aber warum verändern – es läuft doch alles und die User Akzeptanz ist gut!“
„Was ist agiles Arbeiten überhaupt?“
Wichtig ist es daher mit Respekt auf dem Erreichten aufzubauen, ein gemeinsames Verständnis im Management bzgl agilem Arbeiten zu erzeugen und klare und präzise Antworten zu haben, welche Herausforderungen agiles Arbeiten lösen kann und was warum erreicht werden soll. Eine intensiver Kommunikation – und Change Prozess ist zwingend notwendig.
Eine gemeinsam getragener Ansatz auf allen Managementeben muss die Startposition für jede agile Transformation sein.
Organisatorische Dimension
Egal in welcher on in
einer oder mehreren Bereichen im Unternehmen agiles Arbeiten eingeführt werden
soll, muss es klar sein, das agiles Arbeiten nicht an Organisationsgrenzen halt
macht und Auswirkungen auf das ganze Unternehmen hat. Und dies nicht nur wie
beschrieben kulturell, sondern auch organisatorisch und prozessual. Der Weg in
die Agilität muss in der Gesamtstrategie des Unternehmens verankert sein und
ein langfristiger Plan sollte vorhaben sein um das die Mitarbeiter und ganze
Einheiten auf diesem Weg mitzunehmen. Die dritte Herausforderung ist der organisatorische
Aufbau bzw. das Fehlen eines solchen.
Piloten und Projektansätze machen Sinn, aber dauerhafte Insellösungen werden
nicht den erwarteten Erfolg bringen.
Was ist Agilität?
Unternehmens Agilität oder auch Business Agilität bringt vor allem die notwendige Flexibilität für Unternehmen und zeigt sich in der Kultur, Führung, Strategie, Steuerung und operativen Steuerung einer Organisation.
Ein agiles Unternehmen kann schnell und effektiv auf Potentiale, Chancen und Anforderungen reagieren. Durch interne und externe Veränderungen ergeben sich diverse Herausforderungen für Unternehmen, diese können wirtschaftlich, rechtlich, technologisch, sozial, ethisch oder politisch motiviert sein.
Vorteile durch Agilität
Die Zukunft ist unvorhersehbar und kann nicht konkret geplant werden. Durch den raschen Wandel unserer Welt und die großen Veränderungen und Sprünge durch Technologien entstehen Unsicherheiten in Bezug auf Bedürfnisse und Anforderungen. Agil aufgestellte Einheiten und Unternehmen sind in der Lage sich schneller anzupassen, kontinuierlich zu optimieren, dauerhaft innovativ zu arbeiten und entsprechend auf Veränderungen zu reagieren. Dadurch kann wie bereits angesprochen vor allem die Kundenorientierung und -zufriedenheit gefördert werden.
Beim agilen Arbeiten geht es um die Schaffung eines Umfelds, das durch Werte, Verhaltensweisen und Praktiken gestützt wird, die es Organisationen, Teams und Einzelpersonen ermöglichen, im Umgang mit Komplexität, Ungewissheit und Wandel anpassungsfähiger, flexibler, innovativer und widerstandsfähiger zu sein.
Nachhaltige Agilität in Unternehmen
Anette Bronder erklärt in einem Interview, dass täglich gelebte Agilität im Unternehmen eine Grundsatzentscheidung für Veränderung in Unternehmen in mehreren Dimensionen ist.
Sich zukunftsorientiert und fortschrittlich dauerhaft aufzustellen, ist kein Einmaleffekt der über Nacht, sondern lange intensive Arbeit – auch mit etlichen Lernkurven und permanenten Anpassungen. In den ersten Phasen ist viel Geduld und Durchhaltevermögen von allen gefragt.
Es passieren Fehler, zu Beginn herrscht an einigen Stellen Unsicherheit und jedes Unternehmen muss agiles Arbeiten auf die bestehenden Rahmenbedingungen anpassen. „One size fits all“ funktioniert hier nicht.
Die Agilität von Speed-Booten nutzen
Anette Bronder unterscheidet in diesem Prozess zwischen Speed-Booten und Tankern. Sie beschreibt die Agilität eines Schnellboots folgendermaßen: „Start-ups sind vergleichbar mit Speed-Booten. Sie sind wendig und schnell und anpassungsfähig. Aber sie sind auch auf Investoren angewiesen, damit ihr „Tank nicht leer läuft.“
In der Anpassungsfähigkeit, Flexibilität und Reaktionsschnelle sieht sie einen erheblichen Vorteil, der für die Digitalisierung strategisch und operativ genutzt und gefördert werden kann.
Die perfekte Kombination sieht sie allerdings in der Agilität durch „Speed-Booten“, wie sie zum Beispiel überwiegend in einer Start-up-Kultur gelebt werden, in Kombination mit robust gebauten „Tankern“, die vergleichbar sind mit etablierten und traditionellen Unternehmen mit langjähriger Expertise und Erfahrung – aber auch weniger wenig und manövrierbar. „Kooperation und nicht einseitige Positionierung“ machen die digitale Welt aus“, so beschreibt Anette Bronder die Chancen und Möglichkeiten für zukunftsorientierte Unternehmen. Durch einen Erfahrungsaustausch kann das Beste aus zwei Welten vereint werden – Agilität und Expertise.
„Speed-Boote sind wendig und schnell am Ziel, haben aber nicht das Durchhaltevermögen eines Tankers. Sie sind auf Investoren angewiesen. Speed-Boote erwischt es außerdem leichter, wenn die See mal rau wird. Hier hilft es, einen Experten mit jahrelanger Markterfahrung an der Seite zu haben, der erste Zeichen für Herausforderungen sofort erkennt.“ – Anette Bronder
Die Vorgehensweise von Start-ups könnte folgendermaßen begründet werden: Start-ups sehen sich in ihrem eigenen Kontext mit einer Reihe einzigartiger Herausforderungen konfrontiert. Der Grund dafür, dass es ihnen relativ leicht fällt, agil zu sein, liegt darin, dass von jedem in ihrer Organisation erwartet wird, agil zu sein – mit anderen Worten, die Unternehmenskultur wurde selbst auf Agilität aufgebaut.
Wesentliche Faktoren von Agilität
Die Anforderungen an Unternehmen und deren IT-Abteilung werden stetig anspruchsvoller. Kombiniert mit ständig verändernden Kunden- und Betriebsumgebung und passenden Reaktionen, erhöht sich zusätzlich die Komplexität für Unternehmen.
Zu den führenden Treibern des Wandels in der Technologiebranche zählt McKinsey:
- Digitalisierung
- Globalisierung
- Automatisierung
- Analyse
In der sich ständig weiterentwickelnden Welt der Informationstechnologie ist es eine schwierige, aber entscheidende Aufgabe, schnell und dennoch effektiv auf Marktveränderungen reagieren zu können.
In dem Maße, in dem sich organisatorische Fähigkeiten ändern, müssen sich auch IT-Fähigkeiten ändern – manchmal wird es notwendig, organisatorische Strukturen, Prozesse oder Systeme neu zu konfigurieren oder komplett zu ersetzen, um auf die sich verändernden Marktgegebenheiten zu reagieren. Gleichzeitig besteht jedoch nach wie vor der Wunsch nach Kontrolle und Stabilität, das kann dazu führen, dass Unternehmen zögern, um Veränderungen in IT-Umgebungen zu akzeptieren und vorzunehmen.
Fazit
Wenn sich ein Unternehmen der Agilität annähert und eine Optimierung der Strategie plant, geht es nicht darum, gegen die eigene Kultur anzugehen, sondern darum, die Agilität in das Fundament einer bereits starken Kultur einzubinden. Es ist von hoher Bedeutung, Agilität im Fundament und in der Wertekultur des Unternehmens zu verankern – ohne diesen Ansatz, kann ein Unternehmen nicht agil agieren und auch keine langfristige agile Ausrichtung gewährleisten.
Bei der Umsetzung von Agilität sollten Unternehmen drei Dinge in den Vordergrund rücken: die damit verbundenen Herausforderungen, die Vorhersage künftiger Herausforderungen und Chancen und die Verankerung von Agilität im Herzen der Unternehmenskultur.
In der Realität gestaltet sich die Förderung von Agilität extrem schwierig, da Herausforderungen und Probleme die Komplexität in Unternehmen konstant herausfordern. Gleichzeitig bildet eine agile Vorgehensweise, die einzige Möglichkeit langfristig relevant zu bleiben und sicherzustellen, dass Herausforderungen effizient bewältigt werden können.
Über Anette Bronder
Anette Bronder ist eine deutsche Technologiemanagerin, Verfechterin der digitalen Transformation und ehemalige professionelle Handballspielerin. Sie ist überzeugt, dass Daten und moderne Infrastruktur Unternehmen dabei helfen können, schnell auf sich schnell verändernde Märkte zu reagieren.
Sie lebt in der Schweiz und wurde 2021 sie vom Manager Magazin in die Top 100 der einflussreichsten Frauen der deutschen Wirtschaft gewählt.