"Die Kohlekommission hat die Menschen in den bedrohten Dörfern im Stich gelassen. Die Konzerne bekommen Geld für nichts, für die Dörfer gibt es keine Sicherheit. Jeden Tag fressen sich die Bagger weiter in Richtung Proschim und Pödelwitz. Wir haben heute diese Bagger besetzt, denn wir können nicht bis 2038 warten. Wir fordern den sofortigen Kohleausstieg, damit alle Dörfer bleiben: im Leipziger Land und in der Lausitz genauso wie im Rheinland“, sagt Nike Mahlhaus, Pressesprecherin von Ende Gelände.
Der Vorschlag der Kohlekommission sieht einen Ausstieg aus der Kohle erst 2038 vor. Einen genauen Ausstiegspfad für die Kohlekraftwerke im Osten Deutschlands gibt es noch nicht. Somit ist bisher nicht klar, ob die von Abbaggerung bedrohten Dörfer – Proschim in der Lausitz sowie Pödelwitz und Obertitz bei Leipzig – erhalten bleiben können. Versprochen werden stattdessen Entschädigungszahlungen für Energiekonzerne wie LEAG und Mibrag, die beide zur tschechischen Investmentfirma EPH gehören.
„Kohleverbrennung bis 2038 ist kein Konsens, denn damit rauschen wir um Milliarden Tonnen CO2 an der 1,5°-Grenze vorbei. Das CO2, das hier produziert wird, lässt an anderen Orten den Meeresspiegel steigen, führt zu Dürren und anderen Extremwetterereignissen. Die Menschen im Globalen Süden saßen nicht mit am Verhandlungstisch, obwohl sie am stärksten von der Klimakrise betroffen sind. Dieser Ungerechtigkeit stellen wir uns entgegen. So geben wir auch denen eine Stimme, die direkt betroffen sind“, sagt Aktivistin Elisa Lange.
Die Besetzung ist Teil der Aktionswoche von Ende Gelände für den sofortigen Kohleausstieg. In der vergangenen Woche fanden als Reaktion auf das Versagen der Kohlekommission bereits zahlreiche Aktionen statt. In Karlsruhe und Hamburg wurde Kohleinfrastruktur blockiert, in zahlreichen Städten fanden Protestaktionen für Klimagerechtigkeit statt.
Ende Gelände fordert mit Massenaktionen zivilen Ungehorsams und Protesten lokaler Ortsgruppen den sofortigen Kohleausstieg und weltweite Klimagerechtigkeit. Zuletzt hatten bei einer Massenaktion im Oktober 2018 rund 6.500 Aktivist*innen die Kohle-Infrastruktur am Tagebau Hambach im Rheinland blockiert.
Mittlerweile hat sich auch der Betreiber LEAG zur Besetzung geäußert. In einer Pressemitteilung heißt es:
"Kohlegegner haben heute Morgen Bagger in den LEAG-Tagebauen Jänschwalde und Welzow-Süd sowie im Mitteldeutschen Revier besetzt. Betroffen ist in Welzow ein Vorschnittbagger. In Jänschwalde wurde ein Bagger der Förderbrücke besetzt. In Pressemitteilungen bekannten sich das Antikohle-Bündnis Ende Gelände und Robin Wood zur diesen Aktionen. Ende Gelände hatte zuletzt zu Pfingsten 2016 bei der Massenbesetzung des Tagebaus Welzow-Süd und der gewaltsamen Erstürmung des Kraftwerkes Schwarze Pumpe in der Lausitz für Unruhe gesorgt.
LEAG-Bergbauvorstand Uwe Grosser brachte das Unverständnis der Lausitzer Bergleute und Kraftwerker über diese erneuten Aktionen der Kohlegegner auf den Punkt: „Der Bericht der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, der eigentlich einen breiten gesellschaftlichen Konsens für einen geordneten Ausstieg aus der Kohle abbilden sollte, ist gerade eine Woche alt, und wird nun von den Kohlegegnern infrage gestellt, obwohl sie, vertreten durch die beteiligten Umweltverbände, mit am Kommissionstisch saßen. Erneut zeigen Ende Gelände und seine Sympathisanten, dass ihnen an gesellschaftlicher Befriedung und Konsensbildung nicht gelegen ist. Stattdessen beharren sie darauf, ihren Willen mit gewaltsamen und rechtswidrigen Mitteln durchzusetzen.“
Die Kohleförderung in beiden Tagebauen und die Belieferung der Kraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe ist durch die Besetzung zunächst nicht beeinträchtigt. Strafrechtliche Schritte gegen die Besetzung behält sich die LEAG jedoch vor."
Fotos: Flickr / Ende Gelände (https://www.flickr.com/photos/133937251@N05/)