Presseinformation des Krankenhaus Zittau:
In einem Bürgerforum am gestrigen Dienstag ist der Ärztliche Direktor des Klinikums Oberlausitzer Bergland, Chefarzt Dr. med. Mathias Mengel, Leiter der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Standort Zittau, mit Aussagen zur Be- und Auslastung unserer Kliniken befragt worden. In diesem Zusammenhang sollen Aussagen getätigt worden sein, die sich auf die immer knapper werdenden Kapazitäten in der medizinischen Versorgung beziehen. Dabei ist der Begriff der „Triage“ gefallen, der ein Verfahren zur Einschätzung des Schweregrades von Erkrankungen und Verletzungen in den Notfallaufnahmen und ähnlichen medizinischen Kontexten beschreibt und dort fest verankert ist.
Richtig ist, dass der Aufwuchs an Patienten mit COVID-19 sowohl zu hohen Auslastungen auf den extra eingerichteten Infektionsstationen, als auch in den Intensivstationen führt. Wir haben an den beiden Standorten des Klinikums Oberlausitzer Bergland insgesamt maximal 100 Betten für die Versorgung der COVID-Patienten in den Infektionsstationen eingerichtet, davon sind in Spitzenzeiten schon um die 85 belegt worden.
Aufgrund zunehmender Personalausfälle ist die Kapazitätsgrenze aber hier inzwischen deutlich unter 100 gesunken, denn wir haben zwar die Räumlichkeiten und Betten, aber nicht ausreichend verfügbares Personal zur Hand. Zusätzlich steht die hochmoderne intensivmedizinische Betreuung zur Verfügung, die aber aufgrund der dort erforderlichen Betreuungsschlüssel und Bettenkapazitäten an die Grenzen des Leistbaren stößt.
Unsere Ärztinnen und Ärzte entscheiden über die für Patienten erforderlichen Maßnahmen und die individuellen Behandlungsnotwendigkeiten.
Alle Patienten, die in unsere Krankenhäuser kommen, erhalten die bestmögliche Therapie.
Im Falle des Erreichens von Grenzen zur Aufnahme von Patienten in unseren Corona-Stationen würden diese an die umliegenden Krankenhäuser ausgeflogen werden. Hierzu stehen die Leitstellen im engen Austausch. Sollte diese Möglichkeiten nicht mehr gegeben werden, verschärft sich die ohnehin angespannte Situation deutlich.
Der Oberbürgermeister aus Zittau, Thomas Zenker, fordert in einer Pressemittelung vom Nachmittag zum Zusammenhalt in der Pandemielage auf:
Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Online-Diskussion zur Pandemielage in Zittau am Dienstag Abend war sicher schockierend, aus dem Munde eines hochangesehenen Mediziners, der die ärztliche Leitung unseres Krankenhauses verantwortet, zu hören, dass in Zittau und Ebersbach bereits die so genannte Triage angewendet wird. Wegen der hohen Belastung der Intensivstationen müssen schwere Abwägungen getroffen werden, wie wem geholfen werden kann. Damit kann sich für einzelne Betroffene das Risiko deutlich erhöhen.
Über den Gesundheitsausschuss des Landkreises und in der Presse wurde bereits mehrfach über die sich zuspitzende Lage vor allem in der Notfallversorgung informiert. Insofern zeigt die aktuelle Aussage, wohin die Belastungssituation in den Kliniken und auch in den Pflegeheimen im Extremfall führen kann. Die Aufnahme von Notfallpatienten und die Verlegung aus der stationären Betreuung auf die Intensivstationen sind zunehmend erschwert.
Oberbürgermeister Thomas Zenker steht dazu im Austausch mit der Landkreisspitze und der Klinikumsleitung und wird weiterhin und aktuell über die Lage informiert. Dennoch ist der entstandene Eindruck, dass die Leistungsgrenze bereits überschritten ist, nicht zu korrigieren: „Wir brauchen für unsere Region dringend eine wirksame und schnelle Unterstützung bei der Verlegung von Patient/-Innen an andere Standorte. Die regionalen Kapazitäten sind offensichtlich immer wieder vollständig genutzt und die Personaldecke in Pflege und Gesundheitswesen dünnt sich durch die hohe Belastung sowie Infektions- und Krankheitsfälle weiter aus. Es ist klar erkennbar, dass wir in dieser Lage aus eigener Kraft nicht weiterkommen.“, erklärt Oberbürgermeister Zenker. Die aktuelle Unterstützung durch die Bundeswehr sei bereits jetzt ein wichtiger Baustein für die Aufrechterhaltung des Klinikbetriebs und werde weiter sehr dringend benötigt. Transporte in weit entfernte Standorte sollten nicht die Kapazitäten der hiesigen Rettungsdienste blockieren, dafür müssten Alternativen gefunden oder der Flugdienst verstärkt werden.
In der Stadt Zittau haben sehr viele Personen aus Gesundheitswesen und Pflege in den vergangenen Tagen und Wochen und Monaten deutliche und klare Hinweise und Appelle an die Bevölkerung aber auch an die zuständigen Behörden gegeben. Die Pandemielage, die sich in der Statistik des Landkreises Görlitz schon längere Zeit sichtbar verschlechtert (aktuelle Inzidenz bei 701,16 um 12:00 Uhr) kann nicht alle Fälle abbilden, weil die Testkapazitäten nicht mehr alle Situationen abdecken und das Gesundheitsamt nicht mehr alle Kontaktermittlungen leisten kann. Genau davor hat Landrat Bernd Lange mehrfach in der Öffentlichkeit gewarnt. Die Belastungsgrenze der Kliniken aber auch der niedergelassenen Ärzt/-Innen ist erreicht. Oberbürgermeister Zenker hat in jeder Gremiensitzung des Stadtrats Zittau seit dem Frühjahr und bei anderen Gelegenheiten öffentlich auf diese Gefahr hingewiesen und um Unterstützung bei der Aufklärung der Bevölkerung geworben. Die lokalen Medien haben alle über die enormen Belastungen in den Labors und Praxen berichtet.
Dennoch gibt es bis zum heutigen Tag nicht wenige Menschen quer über alle Bevölkerungsgruppen, Einkommensschichten oder politische Zuordnungen, die weiterhin die existierende Situation in Frage stellen. OB Zenker dazu: „Es war unsäglich, was wir uns bis vor kurzem bei den Versammlungen eines Pegida-Ablegers auf dem Zittauer Markt anhören mussten. Andere Personengruppen versuchen weiterhin über private Initiativen und vermeintliche religiöse Treffen die Legende zu spinnen, dass hier eine große Verschwörung im Gange sei, auch gewählte Stadt- und Kreisrätinnen und -räte beteiligten sich ihrerseits über Parteiveranstaltungen im Rahmen des Versammlungsrechts an dieser Erzählung.“ Damit müsse nun genug sein, fordert er. Es sei an der Zeit endlich gemeinsam daran zu arbeiten die Krise abzuwenden. Diesen Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung bräuchten alle, die Beschäftigen im Gesundheitswesen besonders, aber auch die Wirtschaft habe kein Interesse daran, sich von Lockdown zu Lockdown zu quälen. Auch die aktuellen Zahlen der Urkundenstelle sprechen eine deutliche Sprache. Bereits am heutigen Tag liege die Zahl der in Zittau beurkundeten Sterbefälle rund 25% höher als der langjährige Durchschnitt. Angesichts dieser Situation ruft Oberbürgermeister Zenker nochmals dazu auf, sich im eigenen Interesse und im Sinne der Gesundheit seiner Angehörigen sich an die Regeln der Corona-Schutzverordnungen zu halten: „Dabei geht es nicht darum, wer am besten das Gesetz auslegen und Lücken darin suchen kann, sondern darum, sich und andere zu schützen.“ Nur so könne man dem Gesundheitswesen und den bereits Betroffenen helfen.